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Öffentliche Verantwortung als Horizont staatlicher und freier Schulen
Ein Beitrag zur Freire-Pädagogik
von Arnold Köpcke-Duttler
Im Rechtsstaat hat das Individuum dem Staat gegenüber nicht nur private, sondern auch öffentliche Rechte. Der Rechtsstaat ist der Bürgerstaat. (Norberto Bobbio)
Öffentlichkeit und Bildung
In seinen Begrüßungsworten zum 11. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (1988 in der Universität Saarbrücken) hat der damalige Bundespräsident Richard von Weizsäcker gefragt, ob die öffentliche Verantwortung nicht gerade auch darin bestehe, die freie Entfaltung vieler Initiativen zu fördern. Der demokratische Staat könne und müsse gewährleisten, dass Freiheit sich als Verantwortung verstehe und entfalte. Während dieses Kongresses hat der Pädagoge Jürgen Oelkers in seinem Bericht über ein Symposium „Öffentlichkeit und Bildung in erziehungsphilosophischer Sicht" (nach einem Referat des Schulrechtlers Friedhelm E. Brueggen) einen Blick auf Schleiermachers öffentliche Erziehung geworfen. Die zu verbessernde Ordnung des menschlichen Zusammenlebens werde repräsentiert in den vier Lebensgemeinschaften Wissenschaft, Kirche, Staat, freie Geselligkeit. Öffentlichkeit werde hier gedacht als die Möglichkeit einer dezentralen Selbstthematisierung der Gesellschaft und als die Offenheit der Teilöffentlichkeiten zueinander. Über diese unterschiedenen Öffentlichkeiten beziehe sich Bildung auf die gesellschaftliche Gesamttätigkeit – ohne von einem zentralen Forum geleitet zu sein.
Unterscheidet Oelkers hier verschiedene soziale Öffentlichkeiten (Lesegesell-schaften, gelehrte Vereinigungen u.a.m.), so betont der Schulrechtler Johann Peter Vogel, dass dem Grundgesetz die Vorstellung von einem vielfältigen Schulwesen innewohne und dass die Landesgesetzgeber und die Schulverwaltungen ein vielfältiges Schulwesen zu verwirklichen hätten. Eine Förderung der Autonomie der einzelnen Schule gehöre dazu, begrenzt durch die öffentliche Verantwortung der staatlichen Schulaufsicht. Von da aus ist zu proklamieren, dass es eine gemeinsame öffentliche Bildungsaufgabe aller Schulen gebe. Gemeint ist hier eine Reform der Schule, die stärker als bisher auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und der Schüler eingehen müsse. Vogel erläutert weiter, entgegen jeder Kommerzialisierung trage das gesamte System der staatlichen Aufsicht dazu bei, Schule zur „guten Schule im Sinne der Verfassung" werden zu lassen, zu einer Schule, in der jeder Schüler/ jede Schülerin nach seinen/ ihren Fähigkeiten und Neigungen sich entfalten könne.
Auf demselben Kongress hat Warnfried Dettling Wege der Entstaatlichung und Entprivatisierung vorgeschlagen, den dritten Weg, neue Formen der Vergemeinschaftung zu suchen. Er fragt: „Wie kann man Schule als sozialen Ort, als Teil einer kommunalen Infrastruktur wieder revitalisieren?" Zur Antwort auf diese zentrale bildungspolitische Frage seien berufen der Staat, Privatpersonen und eine sich den Menschen zuwendende Erziehungswissenschaft, eine humane Pädagogik.
In bildungs- und schulrechtlicher Hinsicht muss dazu bemerkt werden, dass Artikel 7 Absatz 1 des Grundgesetzes das gesamte Schulwesen in Deutschland als öffentliches betrachtet. Öffentlichkeit wird in diesem Zusammenhang von Ingo Richter so verstanden, dass Qualifikation und Sozialisation wegen ihrer gesamtgesellschaftlichen Bedeutung nicht nach einem Modell der Marktwirtschaft privatrechtlich organisiert, sondern ver-fassungsrechtlich als öffentliche Aufgaben bestimmt sind. Die „substantielle Öffentlichkeit" des Schulwesens schließe eine private Schulträgerschaft ausdrücklich ein: Artikel 7 des Grundgesetzes gewährleiste sie als Grundrecht. Richter hebt weiter heraus, Privatschulen seien nicht „freie Schulen", sondern Schulen, die aufgrund von Artikel 7 Absatz 4 und 5 des Grundgesetzes in die Gesamtheit des öffentlichen Schulwesens integriert seien, die einen verfassungsrechtlich gesicherten Freiheitsraum erhalten hätten.
Freilich muss es sich um eine Integration handeln, die in sich Vielfalt austrägt und über sich hinaus befördert, nicht um eine einengende, begradigende,vereinheitlichende Einordnung.
Öffentliche Schulen - Private Schulen
Ist es eine Tautologie, stellt es einen Pleonasmus dar, wenn nicht allein Schulgesetze, sondern auch Lehrbücher und Kommentare bestimmen, private Schulen seien alle Schulen, die nicht öffentliche Schulen seien? In Artikel 3 Absatz 2 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen heißt es: „Private Schulen (Schulen in freier Trägerschaft) sind alle Schulen, die nicht öffentliche Schulen im Sinne des Absatzes 1 sind." In Artikel 3 Absatz 1 BayEUG ist zu lesen, öffentliche Schulen seien staatliche oder kommunale Schulen; bei staatlichen Schulen sei Dienstherr des Lehrpersonals der Freistaat Bayern, bei kommunalen eine bayerische kommunale Körperschaft (Gemeinde, Landkreis, Bezirk oder Zweckverband). Dieter Falckenberg entdeckt die negative Umschreibung bereits in der Vereinbarung der Kultusminister der Länder über das Privatschulwesen vom 10./11. August 1951 und erläutert, private Schulen würden von natürlichen Personen oder juristischen Personen des privaten Rechts betrieben (von Einzelpersonen, einem Verein, einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts). Die abstrakte Entgegensetzung wird schon allein dadurch komplizierter, dass auch Schulen von Körperschaften, Stiftungen und rechtsfähigen Anstalten des öffentlichen Rechts – trotz der Dienstherrnfähigkeit dieser Träger - private Schulen sind „Schulen der Kirchen oder Religionsgemeinschaften sind also unabhängig von deren etwaigem Status als Körperschaft des öffentlichen Rechts immer private Schulen." Der Begriff „Dienstherr" ist dem Beamtenrecht entnommen - gemeint ist das Recht, Beamte zu haben. Lehrerinnen und Lehrer haben grundsätzlich die Rechte und Pflichten der Staatsbeamten. Staatliche Schulen werden aufgefasst als unselbständige Glieder der Schulverwaltung, organisatorisch als Behörden im Sinn des Artikels 55 Nr. 6 der Bayerischen Verfassung. Auch die verstärkte Mitwirkung der Schüler und Eltern am Schulwesen führe nicht zu einer rechtlichen Verselbständigung der Schule; sie bleibe eine nichtrechtsfähige Anstalt. In einem verbrei-teten Kommentar zum Bayerischen Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen heißt es, auch Artikel 7 Absatz 1 des Grundgesetzes und Artikel 130 Absatz 1 der Bayerischen Verfassung verböten es, Unterricht und Erziehung in öffentlichen Schulen irgendwelchen sozialen Gebilden oder gesellschaftlichen Gruppen, die in besonderer Weise vom Staat abgesetzt wären, „anheimzugeben" , gewissermaßen aus-zuliefern. Die in Richtung einer Verselbständigung öffentlicher Schulen zie-lenden Empfehlungen der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrats vom 23. Mai 1973 begegneten mit ihrem Plädoyer für eine verstärkte Selbständigkeit der Schule und Partizipation der Lehrer, Schüler und Eltern Bedenken.
Hans Heckel und Hermann Avenarius erläutern das Gliederungsprinzip des Schulwesens so: Die öffentliche Schule befinde sich in öffentlicher Hand und sei ein „Instrument des staatlichen Erziehungswillens". Die private Schule als Schule in privater Trägerschaft sei, auch wenn sie öffentlichen Aufgaben diene (in ihr wird immerhin die Schulpflicht erfüllt), Ausdruck des Gestaltungswillens ihrer Gründer und Träger. Mit der Schulaufsicht folge der Staat einer verfassungsrechtlichen Pflicht und Befugnis; trotzdem sei kein öffentliches oder staatliches Schulmonopol erlaubt. Die Privatschule bleibe aber eine Ausnahme, die öffentliche Schule sei in der deutschen bildungsgeschichtlichen Entwicklung zur Regelschule geworden. Immerhin habe das Grundgesetz darauf verzichtet, den Grundsatz der Weimarer Reichsverfassung (Artikel 143 Absatz 1) aufzunehmen, für die Bildung der Jugend sei durch öffentliche Schulen zu sorgen, sie bilde den Maßstab, die Regel. Über eine negative Ausgrenzung (die Privatschule ist nicht die öffentliche Schule) hinaus schlagen Heckel und Avenarius eine „ins Positive gewendete Definition" vor: „Die Privatschule ist eine von einem privaten Träger aufgrund freier Initiative errichtete und betriebene Schule, die Erziehung und Unterricht in eigener Verantwortung gestaltet und die von Eltern bzw. Schülern frei gewählt werden kann." Unfrei sei nicht die öffentliche Schule, vielfältig gebunden die Schule in freier Trägerschaft. Aber die Bindung sei selbstbestimmt durch ihre religiös-welt-anschauliche Orientierung oder durch ein besonderes Erziehungsziel.
Öffentlichkeit als Protest gegen Indoktrination
Öffentlichkeit (Publizität) enthält bei Immanuel Kant den Rang eines transzendentalen Prinzips, des Prinzips der Vermittlung von Politik und Moral. (10) Öffentlichkeit ist hier ein Prinzip der Rechtsordnung und zugleich eine Methode der Aufklärung, ein Medium der Teilhabe an wahrer Politik. Der Besetzung der Öffentlichkeit durch den Staat widerspricht, dass einzig die Vernunft Gewalt haben soll, dass diese entsteht in der gemeinschaftlichen kom-munikativen Anstrengung der Gedanken in der Gesellschaft der Vernünftigen. Oskar Negt und Alexander Kluge kritisieren, dieses Medium der Öffentlichkeit orientiere sich allein am Bild der Gelehrtenrepublik; die innere Gewaltsamkeit des Prinzips Öffentlichkeit zeige sich in dem Kampf gegen alle Besonderheiten, in ihrer Abschleifung. Die gesollte Entfaltung der Menschengattung veräußerliche und verdingliche sich zur kapitalistischen Warenproduktion.
Negt und Kluge dagegen suchen nach „Produktionsöffentlichkeiten", in denen der Gemeinwille hergestellt wird. Der Starrheit, dem verdinglichten Charakter mancher Öffentlichkeit, richten sie z.B. freie Zusammenschlüsse von Kindern, Kinderrepubliken, Kinderbewegungen entgegen, in denen Selbstregulierung und Selbstorganisation der Kinder in den Formen ihrer Öffentlichkeit gesucht werden. Hier protestieren sie gegen die Erwachsenenwelt, gegen Uniformierung, gegen die Nachahmung der Erwachsenenpolitik. Die Kinder- und Jugendöffentlichkeit entsteht als Eigenaktivität; sie wendet sich gegen jede Form der Indoktrination. Wir können insofern Öffentlichkeit verstehen als Protest gegen jede etatistische Festlegung, ja Auferlegung von Bildungswegen, von Lehr- und Lernzielen.
Geschichtliche Anmerkung
Das „Jahrhundert des Kindes" trachtete anfangs auch danach, ein flächendeckendes staatliches Schulsystem mit sich zu bringen. Wenn auch Schulpflicht-Regelungen schon seit dem Allgemeinen Preußischen Landrecht am Ende des achtzehnten Jahrhunderts bestanden, so fanden sich ein dichtes Netz staatlicher Schulen und eine staatliche Schulaufsicht erst beträchtlich später.
Die staatliche Aufsicht und Organisation waren gegenüber kirchlicher Herrschaft und kommunaler Dominanz von Lehrern und der politischen Opposition als erkämpfenswert betrachtet worden: Verbeamtung der Lehrer und Staatlichkeit der Schule. Andreas Flitner fasst diese Hoffnung so zusammen: „Nur vom Staat konnte man erwarten, dass er gegenüber privaten Winkelschulen, Geistlichenherrschaft und lokalem Filz die Sachlichkeit und Unabhängigkeit durchsetzte, die das Schulwesen brauchte. Nur der Staat konnte ein allgemeines und ‚modernes‘ Bildungswesen garantieren."
Freilich ist dies ein Bildungs- und Frühwesen geworden, gegen das wiederum die Kulturkritiker, die politischen und pädagogischen Reformbewegungen schon vor dem ersten Weltkrieg aufbegehrten, sich auflehnten gegen die Schalheit und Enge der Schul-gebäude, gegen die „Burgen des Geistes" und der staatlich vermittelten autoritären Belehrung. Entgegen dem hoffnungsvollen Aufbruch im Sinn einer staatlich garantierten Vernunft waren es Schulen der Machtentfaltung des nationalen und kolonisierenden Staates geworden, der die Weltmacht erstrebte, ein eroberndes Selbstbewusstsein in Kolonialschulen ausdrückte.
Schulen waren eingefügt worden in das System staatlicher und wirtschaftlicher Eroberungspolitik und Macht, selber geworden ein rationales System mit klarer Einteilung der Zeit, Sequenzen der Gegenstände, kurz: ein „Funktions-gebilde", das eine Kultur des gemeinsamen Lernens, Arbeitens und Lebens schwerlich ermöglichte. „Hinter dem Funktionalismus der Schule stand ein Staat mit seinem Ordnungs- und Überwachungssystem, dem die Schule zwar nicht überall ausgeliefert, aber doch prinzipiell eingeordnet war. Er hat auch die Schule als System des Lernens und Arbeitens, der Loyalitätserzeugung und der Staatsauslese organisiert. .... Dieser Staat steht nicht mehr zur Verfügung. .... Die Demokratisierung, Reformorientierung, Selbstverantwortung der Schule, in die sie mit den neuen liberalen Staatsbedingungen hineingefallen ist, ist ein Prozess auf Gedeih und Verderb". Damit will Flitner sagen, dass alte Ordnungs- und Disziplinierungsmuster heu-te nicht mehr greifen. Demokratisierung, Selbstverantwortung der Schulen drängen über den autoritären Staat hinaus, und neue Formen eines sozialen Lebens, vielfältige Gestaltungen von Öffentlichkeiten entstehen.
Öffentliche Verantwortung
Der demokratietheoretische Hintergrund, der zu einem neuen Verständnis von Öffentlichkeit führt, kann schon bei dem Philosophen und Pädagogen John Dewey gefunden werden. Für ihn ist die Demokratie mehr als eine Regierungsform; sie ist in erster Linie eine Form des Zusammenlebens, der gemeinsamen und miteinander geteilten Erfahrung: politische Lebensform. Demokratie sei gezeichnet durch die Ausweitung des Gebietes gemeinsamer Interessen und die Entbindung einer größeren Mannigfaltigkeit persönlicher Fähigkeiten. Mannigfaltig sind hier auch die Gestaltungen der Öffentlichkeit.
Aus der langen Diskussion seien hier nur die Überlegungen angedeutet, die Jürgen Habermas fortgeführt hat. In komplexen Gesellschaften bildet die Öffentlichkeit eine intermediäre Struktur, die zwischen dem politischen System einerseits, den privaten Sektoren der Lebenswelt und funktional spezifizierten Handlungssystemen andererseits vermittle. Sie bilde ein hochkomplexes Netzwerk, „das sich räumlich in eine Vielzahl von überlappenden internationalen, nationalen, regionalen, kommunalen, subkulturellen Arenen verzweigt; das sich fachlich nach funktionalen Gesichtspunkten, Themenschwerpunkten, Politikbereichen usw. in mehr oder weniger spezialisierte, aber für ein Laienpublikum noch zugängliche Öffentlichkeiten ... gliedert ..." Hier geht es um die Macht der öffentlichen Diskurse, um verschiedene autonome Öffentlichkeiten, die in sich selber demokratisch verfasst sein müssten als Orte der Gedanken- und Willensbildung. Von daher gehören Schulen in freier Trägerschaft zum Prozess der Demokratisierung der Schulen . Ausschlussmechanismen, elitäre Tendenzen sollen überwunden werden zu Gunsten eines großen Potentials der Selbsttransformation, der Überschreitung partikularer Egoismen.
Politik als vernünftige Leitung der sozialen Angelegenheiten verbindet sich mit einer Erziehung, die sich der autoritären Struktur sozialer Gebilde gerade nicht fügt. Mit Dewey muss gefragt werden, ob staatliche Schulen, Schulen überhaupt nicht im krassen Widerspruch zur Demokratie stehen. Von Deweys Philosophie her fragt Andreas Flitner, wie Demokratie von unten, Basisdemokratie, im Alltag realisiert, wie sie mit jungen Menschen zusammen immer wieder neu aufgebaut werden kann - in spezifischen Ausgestaltungen von Öffentlichkeit.
Jenen, die Demokratie zu einer Staatsform einengen, ist die Frage zu stellen, ob sie die Schule als Ort der Einführung der jungen Generation in die Wahrheit der Demokratie ernst nehmen. Nach Dewey sollen die Kinder die Einsicht in die Fragilität und Missbräuchlichkeit der Demokratie lernen. Zentrale öffentliche Aufgabe ist der Aufbau eines demokratischen Bewusstseins in unterschiedenen Lerngemeinschaften. Das öffentliche Bildungswesen soll hierarchische autoritäre Gesellschaftsformen kritisieren, desgleichen jeden autoritären Zug des Staates. So muss die Schule sich jeder autoritären Belehrung, auch der über die Demokratie im übrigen, enthalten. „Das setzt voraus, dass die Lernenden ihr Lernen jederzeit verstehen und bejahen, dass sie mit Mitwirken an seiner Bestimmung und Entwicklung und dass sie Freude am Lernen haben. Die Ziele müssen im Lernen selber gegenwärtig sein. ... Weg und Ziel ist nicht zweierlei. Nur dadurch, dass Kinder als Mündige wahrgenommen werden und sich erfahren dürfen, haben sie Aussicht auf Mündigkeit." Dewey entdeckt die Demokratie nicht zentral in der Regierungsform, nicht ausschließlich in Wahlen, nicht in öffentlicher Kontrolle, sondern in Gemeinschaften und selbständigen Initiativen. Das heißt: Schulen stehen zwischen der Lebenswelt der Menschen und der staatlichen Verwaltung; sie alle tragen öffentliche Verantwortung, wirken aus sich heraus politisch. In Richtung auf Schulen in freier Trägerschaft bedeutet diese öffentliche Verantwortung unter anderem, dass der Prozess der Demokratisierung auch diese Schulen durchprägen muss. Sie öffnen sich auf die Übung von öffentlicher Verantwortung hin.
Eine sich öffnende Schule sorgt sich für die Verwirklichung der res publica. Mehr ist mit Hartmut von Hentig zu sprechen von der Bereitschaft zur Selbstverantwortung und Verantwortung in der res publica: „Verantwortung für die gemeinsamen Regeln des Handelns, für den Gesellschaftsvertrag." Die Verpflichtung auf die res publica (die politische Kultur der alten Griechen, der Aufklärung, der französischen Revolution) - so von Hentig - bestimmt die Lebens- und Lernform einer öffentlichen Schule und ihre Verantwortung im Rahmen eines Gemeinwesens, das nicht einfachhin mit dem Zentralstaat gleichgesetzt werden kann. „In der Demokratie sind wir sämtlich zu ‚Wächtern des Staates‘ berufen. ‚Politik‘ ist darum eine unentrinnbare Pflicht eines jeden - genauer: das politeuein, das Bürgersein und das Als-Bürger-Handeln in der Polis." Die Bildung im Gemeinwesen widerspricht jenem Etatismus, der die Allzuständigkeit des Staates auch auf das Bildungswesen erstreckt, zugleich dem - sei es elitären, sei es privatkapitalistischen - Charakter mancher Privatschulen, die den Besuch Kinder bestimmter begrenzter Gesellschaftsschichten vorbehalten.
Gegen diese exklusiven Tendenzen muss vorgebracht werden, dass ein Bildungswesen, das in Freiheit zur Freiheit erziehen will, selber eines hohen Maßes an Gestaltungsfreiheit bedarf. Dabei ist Freiheit auszulegen als Horizont öffentlicher Verantwortung. Die öffentliche Verantwortung birgt eine Gemeinsamkeit staatlicher Schulen und der Schulen in freier Trägerschaft, zu denen in Bayern die Montessori-Schulen gehören. Deshalb sollten sie sich nicht als Privatschulen bezeichnen lassen, sondern sich auch in ihrer inneren Gestalt als Schulen erweisen, die einen Horizont öffentlicher Verantwortung aufspannen: der Bildung in einem Gemeinwesen auf dessen Verbesserung hin, nämlich als Prozess der Demokratisierung und Demokratie als Lebensform. Dieser inneren Gestaltung sollte in Zukunft mehr Aufmerksamkeit zugewandt werden.
Prof. Dr. Arnold Köpcke-Duttler: e-M@il über der Verlag